Balair (1957 bis 1963)
Die im Juni 1948 gegründete Balair, eine als Genossenschaft eingetragene Flugschule der Basler Sektion des Aeroclubs der Schweiz, wurde nach dem positiven Volksentscheid der beiden Halbkantone Baselland und Basel-Stadt vom 5. Oktober 1952 zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt. Sie war damals noch keine eigentliche Fluggesellschaft und hatte die Aufgabe, auf dem neuen Flughafen Basel-Mulhouse die nicht linienmässig ankommenden und abfliegenden Flugzeuge abzufertigen. Ausserdem wurde eine Flugschule betrieben und ein Flugzeugunterhaltsbetrieb ins Leben gerufen. In den Jahren 1954 bis 1956 wurde das Tätigkeitsfeld um Rund- und Photoflüge erweitert, und auch Flüge zur Schädlingsbekämpfung gehörten zu den damaligen Aufgaben der Balair.
Anfangs 1957 beschloss das Unternehmen in das aufstrebende Charterfluggeschäft einzusteigen und erwarb aus Beständen der deutschen Lufttransport Union (LTU) eine erste Vickers 610 Viking 1B mit 36 Passagierplätzen. Zuvor musste das Aktienkapital von CHF 300’000.- auf CHF 750’000.- aufgestockt werden. Bereits am 7. Juni 1957 traf die erste Maschine auf dem Flughafen Basel-Mulhouse ein und konnte hauptsächlich im Auftrag von Esco-Reisen nach Skandinavien eingesetzt werden. Ein Frachtflug mit Impfstoffen nach Budapest sowie ein Touristenflug nach dem Mittleren Osten bildeten die weiteren Höhepunkte bis Ende Jahr.
Das Jahr 1958 gilt als eigentliches Jahr der Betriebumstellung bei Balair, denn zu den bisherigen Aufgaben Abfertigung, Unterhaltsarbeiten und Flugschule kam als neue Haupttätigkeit der Charterflugbetrieb dazu. Aufgrund der positiven Erfahrungen wurde eine zweite Vickers 610 Viking 1B, diesmal aus Beständen des Deutschen Flugdienstes (DFD) erworben. Der Hauptanteil der Flüge im Jahr 1958 entfiel auf die Weltausstellung in Brüssel, doch wurden auch die Ziele Bardufoss, Malmö, Athen, Rhodos, Kairo, Tripolis, Tunis, Palma de Mallorca und Las Palmas regelmässig angeflogen. Die beiden Vikings steuerten zum Umsatz von nun rund CHF zwei Millionen 68 Prozent bei, und auch die Anzahl der von Balair abgefertigten Flugzeuge erhöhte sich im selben Jahr um 78 Prozent. 1959 stellte man die Weichen nochmals auf Expansion und erwarb von Swissair zwei Douglas DC-4, so dass die beiden Vikings ins zweite Glied zurück treten konnten. Mitte Dezember 1960 erhielt die Balair von den Vereinten Nationen (UNO) die Anfrage, ihre vier Flugzeuge für einen Einsatz im Kongo, wo gerade eine blutiger Bürgerkrieg mit Katanga im Gange war, zur Verfügung zu stellen, dies für Hilfsflüge im Auftrag des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK). Insgesamt operierte die Balair während rund sechs Monaten ab fünfzehn Flugplätzen im Kongo. Nach ihrer Rückkehr wurde alle Maschinen wieder im Touristenverkehr von und nach der Schweiz eingesetzt, die beiden Vikings noch bis zum Ende der Sommersaison 1962. Balair operierte anschliessend während langen Jahren mit einer gemischten Flotte von Douglas DC-4 und DC-6B-Flugzeugen weiter.
Die beiden Vickers 610 Viking 1B wurden in den Wintermonaten 1962/63 durch den eigenen technischen Betrieb nochmals grundüberholt und anschliessend an die britische Air Ferry verkauft, welche die Flugzeuge am 18. Februar 1963 übernahm und in den nachfolgenden Jahren oftmals auch wieder nach dem Flughafen Basel-Mulhouse einsetzte.
Viking-Flotte der Balair
HB-AAR | Vickers 610 Viking 1B | 07.06.1957 Kauf von Lufttransport Union (D-ADAM) 18.02.1963 Verkauf an Air Ferry (G-AIVD) |
HB-AAN | Vickers 610 Viking 1B | 09.05.1958 Kauf von Deutscher Flugdienst (D-BARI) 18.02.1963 Verkauf an Air Ferry (G-AIVF) |
Foto: Marcel Tschudin
Swiss Universal Air Charter (1955 bis 1961)
Bereits im Laufe des Jahres 1955 gründete Dr. Alfred Erhard in Basel mit der Swiss Universal Air Charter (SUAC) die erste Charterfluggesellschaft der Schweiz. Dr. Erhart hatte sich seit 1951 auf dem Flughafen Basel-Mulhouse hauptsächlich mit der Abfertigung und Organisation von Charterflügen mit britischen Touristen einen Namen geschaffen.
Die Swiss Universal Air Charter erhielt am 1. Juli 1957 ihre erste „eigene“ Vickers 610 Viking1B, welche von der in Blackbushe beheimateten Independent Air Transport (IAT) gemietet und auch betrieben wurde. Nach deren Bankrott wurden alle Verträge im Februar 1958 von Overseas Aviation übernommen und die Flüge nach Grossbritannien und Zielen im Mittelmeerraum unverändert weitergeführt. Zu grösseren Problemen kam es nochmals Mitte August 1961, als auch Overseas Aviation in finanzielle Schwierigkeiten geriet und die Maschine vom 12. bis 17. August in London-Gatwick beschlagnahmt blieb. Glücklicherweise fand sich mit Air Safaris ein neuer Betreiber, um die gerade laufende Hochsaison reibungslos abzudecken. Am 4. September 1961 wurden allerdings die eigenen Flugoperationen der Swiss Universal Air Charter definitiv eingestellt und die Vickers 610 Viking 1B mit der Immatrikulation G-AHOU von Air Safaris an Tradair verkauft. Die Maschine stand dann noch einige Zeit auf dem Flugplatz von Southend-on-Sea und wurde, ohne je wieder geflogen zu sein, als Ersatzteilspender verwendet und anschliessend abgebrochen.
Dr. Erhart hatte zwischenzeitlich auf Mallorca und Antigua (Karibik) eigene Hotelketten aufgebaut. Sowohl Universal Flugreisen AG, nun mit Sitz im liechtensteinischen Vaduz, als auch das Reisebüro SUAC AG in Basel existieren noch heute und bringen jedes Jahr tausende von Feriengästen aus der Schweiz und anderen Ländern an die Sandstände des Mittelmeers und der Karibik.
Viking-Flotte der SUAC
G-AHOU | Vickers 610 Viking 1B | 01.07.1957 Miete von Independent Air Transport 04.09.1961 Rückgabe an Air Safaris |
Foto: Werner Soltermann
Text: Werner Soltermann