Airnautic (1958 bis 1966)
Die anfangs 1958 gegründete Airnautic nahm Mitte Juni desselben Jahres ihren Betrieb auf. Mit einer Vickers 600 Viking (F-BFDN) wurden hauptsächlich Touristen aus Grossbritannien nach Nice und Perpignan geflogen. Ein weiteres Betätigungsgebiet waren Versorgungsflüge im Auftrag verschiedener Ölkonzerne in den damaligen französischen Territorien Nordafrikas.
Weitere zwei Vikings (F-BJAH und F-BJES) wurden bereits Ende des Jahres in Dienst gestellt. Für die Sommersaison wurden im Februar 1959 aus Beständen der bankrotten deutschen Trans-Avia nochmals zwei gleiche Maschinen übernommen, welche als F-BIPT und F-BIUX im französischen Luftfahrtsregister eingetragen wurden. Noch im selben Jahr wurde die F-BIUX nach Italien verkauft und umgehend durch die in Deutschland von Aerotour erworbene F-BJEQ ersetzt.
Am 5. September 1959 ging die F-BFDN beim Landeanflug auf den Flughafen von Bastia (Korsika) verloren. Sie befand sich auf einem Frachtflug von Athen nach dem schottischen Edinburgh. Die beiden Besatzungsmitglieder konnten sich aus der ins Meer gestürzten Maschine retten. Als Ersatz wurde eine bisher in Libyen von Maluti Air Service betriebene Douglas DC-2 (F-BJHR) erworben. Bei dieser Maschine, welche als letzte ihres Typs in Europa im Einsatz stand, handelte es sich übrigens um die ehemalige HB-ITO der Swissair. Airnautic verlor anfangs der Sechziger Jahre noch zwei weitere Vikings durch Unfälle. Beim ersten Unglück am 11. September 1963 prallte die F-BJER beim Anflug auf den Flughafen von Perpignan gegen einen Berg und riss alle 38 Insassen in den Tod. Ohne Opfer endete glücklicherweise ein missglückter Start der F-BJEQ mit Fahrwerkseinbruch in Calvi (Korsika), doch musste auch diese Maschine abgeschrieben werden.
Obwohl sich im Laufe des Jahres 1962 die staatliche Air France an Airnautic beteiligte und mehrere Maschinen im Auftrag der neugegründeten Air Inter eingesetzt werden konnten, kam es im Herbst 1965 bereits zu ersten finanziellen Engpässen. Wegen fehlenden Aufträgen, bedingt durch die veraltete Flotte von Vickers 600 Viking, Douglas DC-4/DC-6 und Boeing 307 Stratoliner, musste allerdings Ende des Jahres der Betrieb eingestellt werden. Auf den 1. Januar 1966 wurden alle Angestellten, nicht aber die Flugzeuge, komplett von Air France übernommen.
Viking-Flotte der Airnautic
F-BFDN | Vickers 610 Viking 1B | 13.06.1958 Kauf von Eagle Aviation (G-AJBW) 05.09.1959 Absturz bei Bastia (Korsika) |
F-BJAH | Vickers 610 Viking 1B | 05.12.1958 Kauf von Eagle Aviation (G-AJBP) 12.1960 Ausserdienststellung und Abbruch in Nizza |
F-BJES | Vickers 610 Viking 1B | 11.12.1958 Kauf von Aerotour (D-BLYK) 07.1967 Verkauf an Europe Aéro Service |
F-BIPT | Vickers 610 Viking 1B | 05.02.1959 Kauf von Trans Avia (D-BACU) 12.1964 Ausserdienststellung und Abbruch in Nizza |
F-BIUX | Vickers 610 Viking 1B | 05.02.1959 Kauf von Trans Avia (D-BASE) 28.06.1959 Verkauf an Mediterranea/Mediteravia (I-RASC) |
F-BJEQ | Vickers 610 Viking 1B | 15.10.1959 Kauf von Aerotour (D-BLUP) 08.02.1965 Unfall und Abbruch in Calvi (Korsika) |
F-BJER | Vickers 610 Viking 1B | 22.11.1959 Kauf von Trans Avia/Eagle Aviation Services (D-BEPO) 11.09.1963 Absturz bei Perpignan (Pyrenäen) |
F-BJRS | Vickers 610 Viking 1B | 01.04.1961 Kauf von Cunard Eagle (G-AKBH) 07.1967 Verkauf an Europe Aéro Service |
Foto: The A.J. Jackson Collection
Europe Aéro Service (1967 bis 1971)
Europe Aéro Service (EAS) mit Sitz im südfranzösischen Perpignan entstand Mitte 1967 aus der seit Juli 1965 hautsächlich in Tunesien tätigen Aéro Sahara.
Aus deren Beständen, sowie aus der Konkursmasse der Airnautic, wurden insgesamt drei Vickers 600 Viking übernommen. Es handelte sich dabei um die F-BJES, F-BJRS und F-BMEU (ex F-OCEU der Aéro Sahara). Neben einer Linienverbindung zwischen Perpignan und Palma der Mallorca wurden auch eigene Charterflüge sowie Einsätze in Unterauftrag der Air France und Air Inter geflogen. Speziell für diese Aufträge wurden im Juli 1968 auch die beiden Handley Page HPR-7 Dart Herald der ehemaligen Globe Air übernommen. Im Rahmen einer Flottenerneuerung wurde Mitte 1971 alle drei Vikings ausser Dienst gestellt und an Transports Aériens Reunis (TAR) veräussert. EAS flog zwischen 1971 und 1980 auch mit zahlreichen Vickers 900 Vanguard aus Beständen der Air Canada sowie ab 1975 auch mit rund einem Dutzend verschiedenen Aérospatiale Caravelle. Diese wurden später durch modernere Boeing 727-200 und Boeing 737-200 ersetzt. Obwohl EAS 1989 noch über 1,2 Millionen Passagiere beförderte, kam schon zwei Jahre später, am 6. März 1991, das finanzielle Aus der Gesellschaft, welche schlussendlich am 16. Mai desselben Jahres Bankrott anmelden musste.
Viking-Flotte der Europe Aéro Service (EAS)
F-BJES | Vickers 610 Viking 1B | 07.1967 Kauf von Airnautic (Konkursmasse) 09.1971 Verkauf an Transports Aériens Réunies |
F-BJRS | Vickers 610 Viking 1B | 07.1967 Kauf von Airnautic (Konkursmasse) 09.1971 Verkauf an Transports Aériens Réunies |
F-BMEU | Vickers 610 Viking 1B | 07.1967 Kauf von Aero Sahara (F-OCEU) 09.1971 Verkauf an Transports Aériens Réunies |
Foto: Archiv Werner Soltermann
Transports Aériens Reunis (1971 bis 1972)
Transports Aériens Reunis (TAR) mit Sitz in Nice ging 1970 aus der Taxifluggesellschaft Air Dauphine hervor.
Mitte 1971 übernahm das kleine Luftfrachtunternehmen neben zwei Douglas DC-3 aus Beständen der Air France auch alle drei Vickers 600 Viking der Europe Aéro Service. Es wurden allerdings nur noch zwei Maschinen in Dienst gestellt. Die F-BMEU diente noch als Ersatzteilspender, denn zwischenzeitlich war TAR zur letzten Fluggesellschaft der Welt geworden, welche Vikings im Einsatz hatte. So ist es also auch kein Zufall, dass die F-BJRS am 2. Dezember 1971 auch die letzte Viking war, welche auf dem Flughafen Basel-Mulhouse landete. Sie war damals anstelle einer DC-3 auf einem Zeitungsflug von und nach Paris-LBG unterwegs. Wenige Monate später wurden auch die beiden letzten Vikings stillgelegt und durch drei Aviation Traders ATL-98 Carvair ersetzt. Weitere „Exoten“, wie zwei Douglas DC-6A sowie je eine DC-7B und Bristol 170 Freighter, standen ebenfalls bei der Airline im Einsatz. Der geplante Kauf einer bereits im Austausch zu den drei Carvairs gemieteten Canadair CL-44D-4 der British Air Ferries (BAF) konnte jedoch kurz vor dem Konkurs der TAR im Frühjahr 1974 nicht mehr realisiert werden.
Viking-Flotte der Transports Aériens Reunis (TAR)
F-BJES | Vickers 610 Viking 1B | 09.1971 Kauf von Europe Aéro Service 1972 Ausserdienstellung und Abbruch in Paris-Le Bourget |
F-BJRS | Vickers 610 Viking 1B | 09.1971 Kauf von Europe Aéro Service 1972 Ausserdienststellung und Abbruch in Perpignan |
F-BMEU | Vickers 610 Viking 1B | 09.1971 Kauf von Europe Aéro Service 09.1971 Abbruch in Nizza (nur als Ersatzteilspender im Einsatz) |
Text: Werner Soltermann